Historischer Hintergrund über die Verwendung von Zinn

Von den Anfängen bis zur heutigen Zeit


In der weltlichen Vorgeschichte kam nach der Jungsteinzeit die Bronzezeit, die durch die Eisenzeit wieder abgelöst wurde.

Die Bronzezeit lässt sich nicht in einem bestimmten Zeitraum festsetzen, da sie in den verschiedenen Regionen und Ländern der alten Welt zu verschiedenen Zeiträumen stattfand.

Aus dem 3.Jahrtausend vor Christus stammen die frühesten Funde von Bronze, meist Waffen und Ackergeräte; die auch die ersten Zeugen der Verwendung von Zinn sind, da Bronze eine Legierung aus Kupfer und Zinn ist.

Bei Ausgrabungen in Nordpersien fand man die ersten Gegenstände aus reinem Zinn aus der 1.Hälfte des 2.Jahrtausends vor Christus als Grabbeigaben.

Die ältesten Dokumente, in dem Zinn erwähnt wird, ist die Bibel. Auch der griechische Dichter Homer beschreibt, in seiner Lias, dass der Held Achilles im Trojanischen Krieg zinnerne Beinschienen getragen hat. Während die Verwendung von Zinn in China und Indien seit dem 3.Jahrtausend vor Christus und in Ägypten ab den 2. Jahrtausend vor Christus nachweisbar ist, erscheint es in Mitteleuropa, durch Funde in der Schweiz, Schottland, Schweden, Irland, Pommern und Dänemark bestätigt, erst um 1800 vor Christus.

Aus der Antike stammt auch das Wort, das heute noch für oxydisches Zinnerz verwendet wird. Die Babylonier nannten das Zinn "kasitra". Über das Griechische "kassiteros"wurde das in der Gegenwart gebräuchliche "kassiterit".

Die ältesten bekannten Zinngegenstände sind Amulette, Gewandspangen und Figuren mit kultischer Bedeutung orientalischer Herkunft; Schmuck, Verzierungen aus Blattzinn, Hausrat, Utensilien, Spindel- und Lanzenspitzen aus Europa.

Leider sind aus dem Altertum aus vornehmlich zwei Gründen sehr wenige Gegenstände erhalten. In dieser Zeit war das Zinn erstens wegen der noch mangelhaften Abbautechnik sehr selten und demzufolge sehr wertvoll. Deshalb wurden unansehnlich gewordene, oder aus der Mode gekommene Stücke wieder eingeschmolzen. Durch Lagerung in feuchter und kalter Erde ist zweitens vieles durch Zinnpest zerfallen. Nach einem undokumentierten Zeitraum taucht das Zinn nach der alten Welt erst wieder im 4.Jahrhundert vor Christus in Form von sakralen Grabbeigaben auf. Von da wurde in der griechischen und römischen Kultur aus diesem Metall Tischgerät, die Technik des Verzinnens von Münzen, Löten von vornehmlich bleiernen Wasserleitungen und Spiegeln entwickelt. Man erkannte auch, dies ist durch Schriften des berühmten griechischen Arztes Hippokrates belegt, dass es das gesündeste Metall jener Zeit war und stellte demzufolge ärztliche Geräte und Instrumente daraus her.

Ab dem 1.Jahrhundert nach Christus setzte die Wanderung der germanischen Stämme ein, die sich bis zum 11.Jahrhundert erstreckte. Die damit verbundenen Kriege machten es unmöglich Zinn in größeren Mengen zu verarbeiten. Während dieser Zeit wurden fast ausschließlich kultische oder sakrale Gegenstände meist in Klöstern hergestellt. Nachdem die Germanen sesshaft geworden waren, begann die Bevölkerung Mitteleuropas ihr bis dahin noch aus Horn, Ton und Holz bestehendes Essgeschirr durch Gegenstände aus dem stabileren Zinn zu ersetzen.

Die Mönche hatten in der Zwischenzeit neue Herstellungstechniken erschlossen, die übernommen wurden. An den Fürstenhöfen kannte man nur Gold- und Silbergerät. Etwa um 1200 begann in größeren Orten sich langsam die Herstellung von Zinn zu entwickeln.

Quelle : Öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Zinnguss
Hubert Schreiner
, Zinngießerei Schreiner, Obertor 2-3, 92507 Nabburg, Deutschland

Quellennachweis:

Mory: Schönes Zinn

Bruckmann- Lexikon

Dwenger: Kunsthandwerkliches Zinngießen

Dolz: Antiquitäten Zinn

Vollmer: Edles Zinn

 

Historischer Hintergrund über die Verwendung von Zinn

Die hier weiter beschriebenen Belege über Zinn und das Zinngießerhandwerk wurden von mir (Stephan Dörr) aus dem Buch entnommen:

Zinn Zeit, Spuren eines Handwerks in Alltag und Kunst, Herausgegeben von Rainer K. Tredt und Frank E.W. Zschaler, 1. Auflage 2004, (c) 2004 Verlag Schnell und Steiner GmbH, Leibnizstrasse 13, D-93055 Regensburg, Verlagsprogramm: www.schnell-und-steiner.de

ISBN 3-7954-1663-6

Frank E. W. Zschaler, Material und Handwerk

Auszug Seite 17ff

Im antiken Römischen Reich wurden Kupfergefäße innen verzinnt und aus dünnen Zinnfolien Spiegel hergestellt. Zu den Aufgaben eines römischen Zinngießers, den man als stagnator bzw. stannator bezeichnet 4), gehörte bereits die Herstellung von Tafelzinn. Beispielsweise beschreibt der Dichter Plautus (254 bis 184 v. Chr.) ein festessen, bei dem Getränke und Speisen in Zinngefäßen gereicht wurden. Römische Ärzte empfahlen, Zinngerätschaften zur Herstellung und Aufbewahrung von Medikamenten zu verwenden.5)

Das zwischen 803 und 813 tagende Konzil von Reims erlaubte ärmeren Gemeinden die Verwendung von Zinn anstelle von Gold und Silber für vasa sacra, d.h. für Abendmahlskelche und Ciborien. Dagegen wurden Eisen, Bronze und Kupfer, die bei der Berührung mit Wein oxydieren, ausdrücklich verboten. 6)

 

Auszug Seite 19

Seit dem 12. Jahrhundert wurden die Vorkommen im sächsisch-böhmischen Erzgebirge erschlossen.

 

Handwerk

Seite 20

Die erste Zinngießerzunft wird jedenfalls für das Jahr 1285 in Nürnberg erwähnt.

 

4) Harald v. Petrikovits: Die Spezialisierung des römischen Handwerks, in: Herbert Jankuhn, Walter Janssen, Ruth Schmidt-Wiegand, Heinrich Tiefenbacg: Das Handwerk in vor- und frühgeschichtlicher Zeit, Teil I: Archäologische und philologische Beiträge, Abhandlung der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Philologische Klasse, Dritte Folge, Nr. 122, Göttingen 1981, S. 114

5)Hanns Ulrich Haedecke: Zinn. Ein Handbuch für den Sammler und Liebhaber, Braunschweig 1963, S. 51

6)Reinhold Reith: Lexikon des alten Handwerks. Vom späten Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert, München 1990, S. 271

 

Weitere Informationen entnommen aus dem Buch:Ludiwg Mory, Zinn in Europa, Regionale Krug- und Kannentypen,Bruckmann München

Seite 7 ff

Deutschland

Wenngleich aus der vorchristlichen Zeit und dem frühen Mittelalter nur wenige Stücke erhalten sind, die die Verarbeitung des Metalls Zinn zu häuslichen Gerätschaften bezeugen, so darf heute ohne Zweifel angenommen werden, dass vom 12. Jahrhundert an das Zentrum des gewerblichen Zinngießerhandwerks im mitteleuropäischen Kulturraum und hier vor allem in Deutschland gelegen hat.

Um diese Zeit begannen in den Handwerksstuben der Klöster geschickte Brüder Löffel und Essteller in Form einfacher Rundplättchen aus Zinn herzustellen. Schon bald übten und erlernten auch die Bauern diese Fertigkeiten. Der deutsche Benediktinermönch THEOPHILUS PRESBYTER beschreibt um das Jahr 1100 in seinem Handbuch der technischen Künste ("Schedula diversarum artium") die Herstellung der hierfür notwendigen Gießformen und die weitere Bearbeitung solcher Gerätschaften. Mit zunehmender Sesshaftigkeit der Völker werden neben kirchlichen Geräten wie etwa Monstranzen, Meßkännchen und Wasserbecken allmählich auch Teller, Schüsseln, Krüge und Becher aus Zinn hergestellt. Die Bevölkerung fängt an, das bis dahin aus Ton und Holz bestehende Essgeschirr nach und nach durch Gebrauchsgegenstände aus stabilerem Zinn zu ersetzen.

Etwa um 1200 beginnt sich in den größeren Orten allmählich die Verarbeitung von Zinn nach gewissen handwerklichen Ordnungen zu entwickeln. So berichtet das Lüneburger Stadtbuch von einem schon 1250 tätigen "Candelarius". Die erste Zusammenschließung von "Zinngießern" als Zunft wird bereits um 1285 in Nürnberg erwähnt. In gleicher Weise vereinigen sich in den ersten Jahrzehnten des 14. Jahrhunderts die Zinngießer der Küstenstädte Bremen, Lübeck und Hamburg - es ist die Zeit der Entstehung der Hansekannen. Im Landesinneren bilden sich weitere Innungen in Frankfurt 1320, in Augsburg 1324 und Straßburg 1363.

 

Hier finden Sie Abbildungen und Beschreibungen mit den dementsprechenden Quellen.

Römische Vase, gefunden in England, 200 nach Christus, 25 cm hoch, British Museum London, Foto: British Museum London.

Quellennachweis: Hanns-Ulrich Haedecke, Zinn, Seite 41

Hansekanne, gefunden in Rostock, 15.Jahrhundert, Höhe 23 cm, Kulturhistorisches Museum Rostock, Foto: Eschenburg.

Quellennachweis: Hanns-Ulrich Haedecke, Zinn, Seite 63

Hansekanne. Norddeutschland, 2.Hälfte des 15.Jahrhunderts, Höhe 18,5 cm , Kunstgewerbemuseum Köln.

Quellennachweis: Hanns-Ulrich Haedecke, Altes Zinn, 42 Tafeln, Insel-Bücherei Nr. 835, Abbildung 2

Hansekanne, 14.Jahruhundert, Höhe 17,5 cm

Text unterhalb der Abbildung: Der Einfluß der Hanse ist gekennzeichnet durch die "Hansekanne", die in ihrer gedrungenen bauchigen Form das Stilempfinden Ende des 13. bis Ende des 14.Jahrhunderts bestimmte.

Quellennachweis: Wolf-Lothar Berger, Schönes altes Zinn, Meister der Zinnverabreitung von der Antike bis ins 19.Jahrhundert, Seite 7, Abbildung

Kanne, Mainfranken, 15.Jahrhundert, Bodenfund aus Gunzenhausen (Mainfranken), Höhe 33,8 cm, Germanisches National Museum Nürnberg, Foto: Germanisches National Museum Nürnberg.

Quellennachweis: Hanns-Ulrich Haedecke, Zinn, Seite 65

Gefußte Kanne von Cunz Has, Regensburg, datiert 1453, Höhe 58 cm, Privatbesitz, Foto: Archiv des Verfassers.

Quellennachweis: Hanns-Ulrich Haedecke, Zinn, Seite 67

Hohes Kännchen, Burgund?, um 1420, Höhe 28 cm, Im Inneren Bodenrosette, Patina der baggerfunde, (R)=Sammlung Dr.Ruhmann, Wien.

Quellennachweis: Ludwig Mory, Schönes Zinn, Meister und Formen, Seite 75, Abbildung 8

Wasserkanne, Französisch, um 1500, Höhe 30,9 cm, Museum für Kunsthandwerk, Dresden.

Quellennachweis: Ludwig Mory, Schönes Zinn, Meister und Formen, Seite 82, Abbildung 20

Regionale Krug- und Kannentypen

Entnommen aus dem Buch von Ludwig Mory, Schönes Zinn, Geschichte, Formen und Probleme, Bruckmann München, (C) 1961/1975 Verlag F. Bruckmann KG, München,

ISBN 3 7654 1416 6

Die Farben in der Beschreibung beziehen sich auf die Farben auf der Landkarte!

Niederlande, Niederrhein

Hansestädte der Nord- und Ostseeküste, Unterlauf der Weser, Elbe und Oder

Mittelrhein, Unterlauf des Mains, Maasoberlauf-Champagne, Westfalen

 

 

Bildliche Darstellung von der Verwendung von Zinn

Entnommen aus dem Buch von Ludwig Mory, Schönes Zinn, Geschichte, Formen und Probleme, Bruckmann München, (C) 1961/1975 Verlag F. Bruckmann KG, München,

ISBN 3 7654 1416 6

V. Zinn-Schenkkanne:"Der heilige Bertin scheidet Wasser und Wein in einem Faß", Szene aus dem rechten Altarflügel der Abteikirche St. Omer, gemalt von Simon Marmion, 1459. Gemäldegalerie Berlin
VI. Zinn-Tischgerät:"Das Bürgerliche Mahl" der Compostela-Pilger. Ausschnitt vom Hochaltar von Friedrich Herlin, 1466 in St. Jakob, Rothenburg o.d.T
VII. Zinn-Schenkkanne, verwaltet vom Schaffer (Diener) und ehem. Stuhlschreiber Hannß Seydenfaden, um 1500, aus dem "Hausbuch der Mendelschen 12-Brüder-Stirftung Nürnberg", Stadtbibliothek Nürnberg
VIII. Zinn-Gerät bei Hofe. Zeremonie der Giftprobe vor Karl d. Gr. und seiner Gemahlin, Miniatur Ende 15. Jahrhundert. Bibliothéque Royale, Brüssel
IX. Die hl. elisabeth mit Zinn-Kanne und Brotlaib bei der Armenspeisung, Ausschnitt des Gemäldes "Hl. Maria Magdalena und hl. Elisabeth", 1519, aus der Lucas-Cranach-Werkstatt, Veste Coburg
X. Zinn-Tischgerät. Abendmahlsszene aus dem Augustinerstift Kreuzlingen von einem unbekannten Meister, gegen 1500. Museum des Kantons Thurgau - Schloß Frauenfeld
XI: Zinn-Eßteller und Becher:"Der hl. Otto bewirthet die Geistlichen des Klosters Michaelberg und bedient sie bey Tische". St.-Michaels-Kirche, Bamberg

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